Medizinbus Pflastara – ein einzigartiges Projekt für St. Pölten

Medizinbus Pflastara – ein einzigartiges Projekt für St. Pölten

(St. Pölten, am 11. Mai 2023) – Auf Unterstützungsinitiative des Lions Club St. Pölten wurde Ende des Jahres 2022 die Idee geboren, medizinische Grundversorgung in und um St. Pölten anzubieten. Entstanden ist ein für St. Pölten bzw. Niederösterreich einzigartiges Projekt: der Medizinbus Pflastara.

Die Grundidee: Die Zugangsschwellen zur medizinischen Basisversorgung sollen abgebaut werden, um einer breiten Gruppe an Menschen – unabhängig von deren Lebenssituation – einen einfachen Zugang zu medizinischer Basisversorgung zu ermöglichen.

„Im Leben eines Menschen braucht nur ein stützender Pfeiler plötzlich wegzubrechen und schneller als man denkt, dreht sich die Spirale nach unten. Auch bestimmte Lebensumstände führen regelmäßig dazu, dass Menschen aus dem sogenannten ‚System‘ fallen. In diesen Situationen ist es wichtig, dass ohne Vorurteil, aber mit Wertschätzung, Respekt und Unterstützung geholfen wird. Statt Menschen sich selbst zu überlassen, wichtige Gesundheitsleistungen anzubieten, ist eine äußerst wertvolle Initiative, weil Menschen, die in prekären Verhältnissen leben, aufgrund des mangelnden Zugangs zum Gesundheitssystem die notwendige medizinische Versorgung oft nicht erhalten“, bedankt sich Soziallandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig bei der Emmausgemeinschaft sowie dem Lions Club St. Pölten für diese neue Anlaufstelle.

Bürgermeister Mag. Matthias Stadler: „St. Pölten setzt als ‚fit & healthy city‘ auf umfangreiche Gesundheitsvorsorge, weshalb dies auch als Grundpfeiler in unserem Masterplan stp*25I50 festgehalten ist. Im Falle eines Falles braucht es aber raschen und einfachen Zugang zu bester medizinischer Basisversorgung, wie er in St. Pölten auch umfassend angeboten wird. Leider ist dieser aber aus formalen Gründen nicht für alle Menschen in Österreich Realität. Fehlende Krankenversicherungen, die Notwendigkeit von Terminvereinbarungen, lange Wartezeiten, Schamgefühle, Sprachbarrieren – diese und viele andere Hürden erschweren Menschen in verschiedensten Lebenssituationen den Weg zur notwendigen Basisversorgung. Mit dem Medizinbus Pflastara wird genau diesen sozial benachteiligten Personen niederschwellig und ungebunden geholfen. Ich möchte mich dafür im Namen der Stadt ganz herzlich bei der Emmausgemeinschaft, dem Lions Club St. Pölten und den engagierten ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern bedanken.“

„Der Lions Club ist eine Organisation mit weltweit über 1, 4 Millionen Mitgliedern mit der obersten Prämisse: Menschlichkeit. Unser Ziel ist es, dem Nächsten zu helfen, auf einfache und unkomplizierte Art, so rasch und effizient wie möglich. Die Not drückt überall. Schon in der eigenen Gemeinde um die nächste Ecke sitzt sie. Es freut mich daher ganz besonders, dass aus einer ‚kleinen Idee‘, dieses großartige Projekt entstanden ist. Im Herbst des Jahres 2022 sind wir – der Lions Club St. Pölten – anlässlich unserer 60-Jahr-Feier an die Emmausgemeinschaft herangetreten. Die Idee war, ein Projekt zu unterstützen, das Menschen in Not hilft. Sehr rasch kam der Vorschlag eines Medizinbusses für St. Pölten und Umgebung – eine Idee, die bei uns sofort auf offene Ohren und großes Interesse gestoßen ist“, erklärt Vizepräsident der Lions St. Pölten Günter Nusterer die Beteiligung an diesem einzigartigen Projekt.

„Ein klares Ziel ist die Behandlung aktueller Erkrankungen oder Verletzungen“, so Emmaus-Geschäftsführer Karl Langer. „Es gibt viele Hürden, weshalb es aus unserer Sicht einen Medizinbus braucht. Die erlebten Hürden betreffen unter anderem lange Wartezeiten bei Allgemeinmedizinern; volle Wartezimmer, die aus Scham – z.B. aufgrund von erschwerter Körperhygiene – oft nicht genutzt werden wollen bzw. einzuhalten sind; die Angst, dass Lebensumstände und Sprache nicht verstanden werden, sowie die damit verbundene Angst vor weiterer Zurückweisung; die Sorge vor möglichen Kosten der Behandlung – oft in Zusammenhang mit einem unklaren Versicherungsstatus. All diesen Ängsten und Sorgen soll das mobile Angebot durch die klare Zielsetzung der Anonymität und Kostenfreiheit entgegenwirken.“

Im Gegensatz zu Behandlungen in niedergelassenen Praxen sollen diese im Fall des Pflastaras bestmöglich an einem Termin abgeschlossen werden. Zwar kann im Idealfall eine Weiterbehandlung an Folgeterminen wahrgenommen werden, jedoch kann aufgrund von oft unsteten Lebensmodellen nicht davon ausgegangen werden, dass Hilfesuchende auch verlässlich wiederkommen. Intensive Beziehungsarbeit im Rahmen der Termine kann die Frequenz der wiederkehrenden Nutzung deutlich steigern.

Da weder eine E-Card noch eine aufrechte Versicherung vorhanden sein müssen oder Angaben zu Person, Wohnsitz oder Einkommen erforderlich sind, könnte auch keine Kontrolle etwaiger Kriterien stattfinden.

Das Projekt richtet sich jedoch in seiner Ursprungsidee an Personen:

  • die aus versicherungsrechtlichen Gründen keine Ordinationen oder Ambulanzen aufsuchen können
  • die ein niederschwelliges Angebot eher annehmen
  • die aufgrund von unsteten Lebensweisen standortungebundene Angebote leichter in Anspruch nehmen

„Viele Fragen, wie jene nach dem exakten Bedarf, lassen sich im Vorfeld des Projektes nicht klären. Viele Faktoren, wie etwa anfängliche Berührungsängste mit dem neuen Angebot, machen es notwendig, dass die erhobenen Statistiken regelmäßig evaluiert und das Konzept entsprechend angepasst werden muss“, erklärt Langer.

Um auch die Identifikation der Zielgruppe mit dem Projekt zu steigern und um einen Namen zu finden, der von der Obdach- bzw. Wohnungslosenszene von St. Pölten angenommen wird, wurde zur Namensfindung eine Umfrage unter Klientinnen und Klienten von Emmaus gestartet. Die Entscheidung fiel ganz eindeutig auf den Namen Pflastara.

„Ein Wortspiel aus Kopfsteinpflaster, das sinnbildlich für das Stadtgebiet von St. Pölten steht, aber auch auf die ungleichen und manches mal rauen Lebenswege hinweist – und dem Wundpflaster, das wiederum auf das niederschwellige Angebot der Versorgung von Wunden hinweisen soll“, informiert Lorenz Hochschorner, Bereichsleiter der Grundversorgung bei Emmaus und Projektleiter für den Medizinbus Pflastara.

Der Pflastara wird im ersten Jahr seines Bestehens zu fixen Zeiten jeden Freitag von 15 – 18 Uhr an je einem Standort im Stadtgebiet von St. Pölten stehen. Beginnen werden wir mit einrichtungsnahen Standplätzen. Zum einen dienen die Einrichtungen zur Orientierung. Zum anderen können für manche Behandlungen dort vorhandene WC Anlagen genutzt werden. Gestartet wird mit Emmaus-Standorten (Frauenwohnheim, Wohnheim Herzogenburger Straße, Tageszentrum und Wohnheim Kalvarienberg), die abwechselnd am Freitagnachmittag angefahren werden. Um den Bedarf optimal anzupassen, wird laufend evaluiert, um das Netzwerk an Standorten auszubauen.

Einrichtungsträger können sich jederzeit als Standort unter pflastara@emmaus.at bewerben. Voraussetzung für die Standorte ist der Zugang zu einer Warmwasserleitung, einem WC sowie einer Sitzmöglichkeit.

Der Leistungskatalog des Pflastaras:

  • Dieser geht von medizinischer Basisversorgung, Informationen zu Erkrankungen, Behandlungen und Anlaufstellen,
  • über Vermittlung an weiterführende (medizinische) Hilfsangebote, Psychosoziale Betreuung und Krisenintervention, Regionale Gesundheitsprävention
  • bis hin zur Ausgabe von Medikation, Material zur Wundversorgung, Hygieneartikeln, Jausenpaketen und Heißgetränken sowie witterungsadäquater Kleidung bzw. von Schlafsäcken.

„Durch die großzügige Startfinanzierung des Lions Clubs konnte der Bus angeschafft werden, der in weiterer Folge spendenbasiert finanziert wird. Alle Ärztinnen und Ärzte wie auch Fahrerinnen und Fahrer stellen ihr Wissen und ihre Zeit vollkommen unentgeltlich als Ehrenamtliche zur Verfügung. Ich möchte mich bei allen Mitwirkenden bei diesem Projekt im Namen der Emmausgemeinschaft St. Pölten ganz herzlich bedanken“, sagt Geschäftsführer Langer abschließend.

Foto 1
v.l.n.r. Stephan Kranawetter (Lions St. Pölten), Vizepräsident Günter Nusterer (Lions St. Pölten), Gemeinderätin Mirsada Zupani, Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig, Emmaus-Geschäftsführer Karl Langer, Projektleiter Lorenz Hochschorner

Foto 2

Landesrätin Königsberger-Ludwig übergibt einen Gutschein für einen Defibrillator an Emmaus-Geschäftsführer Karl Langer und Projektleiter Lorenz Hochschorner

Rückfragehinweis

Birgit Hinterhofer, MSc
birgit.hinterhofer@emmaus.at
0676/886 44 346

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