Die Kraft der Liebe hat uns geholfen, das Allerschlimmste durchzustehen

Die Kraft der Liebe hat uns geholfen, das Allerschlimmste durchzustehen

Gastgeschichte aus dem Rundbrief

Zwei Jahre lang waren Jeanette und Tina Bewohnerinnen im Frauenwohnheim. Mittlerweile sind die beiden weitestgehend angekommen und so gefestigt, dass sie ihren Lebensalltag wieder selbst meistern und somit selbstständig wohnen und leben können. Doch die tiefe Verbundenheit zur Emmausgemeinschaft und zu den Betreuerinnen bleibt aufrecht.

Jeanette ist ursprünglich Wienerin, dort in einfachen Verhältnissen aufgewachsen. Erst ein späterer Umzug im Erwachsenenalter führte sie nach Niederösterreich, genauer nach Gmünd. Ihre psychischen Erkrankungen erschwerten es maßgeblich, einen Schulabschluss zu erlangen. Auch ein längerfristiges Arbeitsverhältnis aufrechtzuerhalten war praktisch unmöglich und so folgten immer wieder Abbrüche. Während dieser Zeit lernte sie Tina kennen, war von ihr verzaubert und sie verliebten sich. Beide wussten ab diesem Zeitpunkt, „dass sie niemals ohne einander sein wollten“. „Im Jahr 2016 habe ich nur knapp einen Schlaganfall überlebt. Durch die langwierigen Folgen bin ich in eine sehr schwere Depression geschlittert, arbeiten zu gehen war in diesem Zustand für mich undenkbar“, berichtet Tina. Obwohl die beiden keine hohen Ansprüche stellten und sehr genügsam lebten, war der Alltag aufgrund ihrer finanziellen Situation kaum stemmbar. Ein Konvolut an Briefen über Zahlungsrückstände, Mahnungen, Inkassobriefen und diverse Ankündigungen einer bevorstehenden Delogierung türmte sich in dieser Episode. Anfang des Jahres 2019 standen beide endgültig vor dem Nichts und verloren Ende Jänner ihre Wohnung.

„Es war so ein abartig kalter, matschiger Tag, das werden wir niemals vergessen, als wir auf der Straße landeten. Wir sind dann mit dem Zug nach Wien und haben tagsüber in unterschiedlichen Bahnhofshallen geschlafen und ab Mitternacht waren wir zu Fuß unterwegs, versuchten uns so die Zeit zu vertreiben und redeten aufeinander gut ein, um nicht einzuschlafen. Die Obdachlosigkeit macht vieles mit einem. Besonders aber saugt sie dir den Lebenswillen aus. Die Liebe zueinander gab uns Halt und half dabei, nicht aufzugeben und durchzuhalten“, erzählen Jeanette und Tina.

Eine Woche lang verharrten sie in dieser unvorstellbaren Ausnahmesituation, ehe sie den Mut fassten, in der „Gruft“ anzudocken, um dort übernachten zu können.

„Ein bis zwei Nächte hielten wir dort aus, das war dermaßen belastend, zu realisieren, am Tiefpunkt angekommen zu sein. Ich erinnere mich an den beißenden, stechenden Geruch“, klagt Jeanette. Die Caritas Wien vermittelte die beiden zuerst nach Krems, dort wurden sie schlussendlich an die Organisation Emmaus weitervermittelt. Da zu diesem Zeitpunkt das Frauenwohnheim jedoch voll ausgelastet war, wurden Jeanette und Tina vorübergehend drei Monate in der Frauennotschlafstelle untergebracht, ehe sie einen fixen Platz im Wohnheim zugesagt bekommen haben.

„Die Herzlichkeit, mit der wir hier von den Betreuerinnen aufgenommen wurden, hat nach so viel Anstrengung und Unsicherheit gut getan. Denn Obdachlosigkeit entmenschlicht, und nun fühlten wir uns wieder wie „normale“ Menschen“, erzählt Jeanette mit leuchtenden Augen. „Ja, das Frauenwohnheim war unser Zuhause, unsere Familie“, fügt Tina stolz hinzu. Während ihrer Zeit im Wohnheim lernten sie wieder zu leben, zu vertrauen und durch die Unterstützung der Betreuerinnen ihre Traumata und die Folgen des Lebens auf der Straße zu verarbeiten. Heute haben Jeanette und Tina wieder ein eigenes Dach über dem Kopf und wohnen in einer Wohnung in Pöchlarn. „Wir suchen derzeit eine kleine Wohnung in St. Pölten, möchten genug verdienen, dass wir uns hin und wieder kleine Ausflüge leisten können. Davon träumen wir. Und Träume sind das Wichtigste in unserem Leben“, meinen Jeanette und Tina überzeugt.

Rückfragehinweis

Stephanie Stadler, MA
stephanie.stadler@emmaus.at
0676/886 44 743

Rundbrief als Download

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